Neue Parallelwatchgroup gegen sexistische Werbung in Graz

Initiiert durch die damalige Frauenstadträtin, Elke Edlinger, und die unabhängige Frauenbeauftragte, Maggie Jansenberger, gründeten das Doku Graz und Jansenberger die erste Grazer Watchgroup gegen sexistische Werbung im Jahr 2009. Sechs Jahre danach, versucht sich die derzeitige Frauenstadträtin Martina Schröck das Konzept anzueignen – und gründet eine eigene.

Ina Mastnak, Leiterin der unabhängigen Watchgroup gegen sexistische Werbung Graz, erklärt Von Unten im Gespräch: “Uns wurde seitens des Frauenreferats, also seitens der Frauenstadträtin Martina Schröck, mitgeteilt, dass wir nächstes Jahr keine Förderungen mehr bekommen und, dass das Frauenreferat eine eigene Watchgroup machen wird.” Bisher wurde die Watchgroup im Allgemeinen nicht besonders unterstützt. Im Jahr 2014 erhielt sie keine Förderungen, 2015 bekam sie insgesamt 6 000 Euro. Bedenkt man, dass diese Summe Websitegebühren, Telefon- und Reisekostenkosten (zu den Schwesterwatchgroups in Wien und Salzburg) abdecken sollten, ist dieser Betrag eher als symbolische Leistung zu verstehen. Mit der Einführung einer “Parallelwatchgroup” wird jetzt aber auch diese gestrichen.

Was bringt die Neuerung?
“Es ist völlig unsinnig zwei Watchgroups in einer Stadt zu haben. Aber das eigentlich problematische an diser nicht autonomen, nicht unabhängigen Parallelwatchgroup ist die Tatsache, dass sie eben nicht autonom und unabhängig ist”, so Ina Mastnak. Die Wiener und Salzburger Watchgroups unterstehen dem MA 57 bzw. dem Frauenreferat und holen sich von der Grazer Watchgroup Rat, wenn sie aufgrund ihrer Befangenheit kein Urteil fällen können. Belegbeispiele lassen sich aus der langjährigen Zusammenarbeit nennen…

Beispiel Wiener Wahlkampf 2015:
Im Zuge des Wiener Wahlkampfs beriet die Grazer Watchgroup die Wiener Gruppe, die die Sujets der verschiedenen Parteien aufgrund ihrer Befangenheit an die Grazerinnen weiterleitete. “Das fallt natürlich flach, wenn eine Watchgroup nicht mehr autonom ist und zu einem politischen Referat gehört, wie es das Frauenreferat ist”, so Mastnak.

Grüne-Wahlwerbung
http://www.watchgroup-sexismus.at/
GrünesWahlplakat
http://www.watchgroup-sexismus.at/
Oeffi
http://www.watchgroup-sexismus.at/

 

Beispiel Klagenfurter Nähe zu Unternehmen 2014:

Die nur wenige Monate lang bestehende Kärnter Watchgroup war innerhalb des zuständigen Frauenrates angesiedelt. Bürgermeister Christian Scheider (FPÖ) reagierte jedoch rasch auf eine Klagsdrohung eines Unternehmers, dessen Werbesujet von der Watchgroup als sexistisch bewertet wurde, und lies diese wieder schließen.

Artikel zur Einstellung der Kärnter Watchgroup.

Die Watchgroups sind also nicht gefeit von den Launen und Abhängigkeiten ihrer Fördergebenden und deren nahestehenden Unternehmen. Unabhängigkeit kann nicht gewährleistet werden, weil das politische Referat über die Finanzierung und Ausrichtung entscheidet. Mitarbeitende selbst sind automatisch befangen. Mastnak dazu: “Ist eine Watchgroup autonom und unabhängig wie unsere, wird’s uns immer geben. Wir bewerten unabhängig davon wer jetzt an der Macht ist bzw. wer der/die Urheber_in des Plakats ist”

Warum also dieser Schritt?
In einem Statement schreibt Schröck der Von Unten Redaktion und erklärt die Gründe für diesen Wechsel: „In anderen Städten liegt die Koordinierungskompetenz der Werbewatchgroup auch in den jeweiligen Frauen- und Gleichstellungsreferaten. Sexismus ist ein Thema das Frauen und Männer betrifft. Und ich denke es ist höchst an der Zeit, dieser Tatsache auch Taten folgen zu lassen. Daher werden in der neuen ExpterInnenkommission Männer und Frauen vertreten sein.”

Ina Mastnak dazu: “Die Formulierung, dass die Watchgroup WIEDER in die Stadt zurückgeholt werden soll, erzeugt ein falsches Bild. Denn die Watchgroup wurde vor sechs Jahren bei der Gründung kurzzeitig vom Büro der damaligen Frauenstadträtin Elke Edlinger koordiniert. Die Inhaltliche Verantwortung lag damals beim Frauendokumentationszentrum und Maggie Jansenberger. Und auch die Koordination hat kurz nach der Gründung Maggie Jansenberger übernommen.” Auch jetzt seien bereits Männer und Frauen vertreten.

Wie geht es weiter?
Die Neuerungen vom Frauenstadtrat sind beschlossen. Und auch für die unabhängige Watchgroup steht fest, dass sie in Graz weiter machen wollen, weil sie die einzige autonome Stelle in Österreich sind, an die man sich wenden kann: “Im Gegensatz zu Wien und Salzburg bieten wir Services an, die über die Beratung hinausgehen, wie zum Beispiel rechtliche Beratung. Wir beantworten auch Fragen, die sich nicht auf ein konkretes Sujet oder eine konkrete Werbung beziehen, zum Beispiel beantworten wir Fragen zur sexualisierten Darstellung von Männern, treten mit den Menschen in Kontakt und informieren sie über Sexismus und andere Diskriminierungsformen.”

Ein weiterer Grund für die Beibehaltung der unabhängigen Watchgroup ist das bestehende Netzwerk, das stetig ausgebaut wird: “Wir haben einen Pool an Expert_innen von verschiedenen Organisationen wie die Antidiskrimierungsstelle Steiermark, Verein Xenos, Frauengesundheitszentrum, Institut für Männner- und Geschlechterforschung mit denen wir zusammen arbeiten, uns austauschen und auch Rückmeldungen einholen in Bezug auf unterschiedliche Diskrimierungsformen. Gegebenenfalls hängen diese Einrichtungen auch Beschwerden an bzw. beteiligen sich.” Damit verfügt die Watchgroup über kompetente Expertise.

Hier der Beitrag zum Nachhören:

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